Tremonia Noctu

Larissa hält es in dieser lauten, schimmeligen, warmen und muffigen Bude einfach nicht mehr aus. Schon nach kurzer Zeit ruft sie Fernando zu sich und händigt ihm eine Liste aus.

"So, mein Freund und Helfer, du wirst jetzt raus gehen, neue Wohnungen suchen und besichtigen und diese Liste hier abhaken. Guck, da steht alles ganz klar drauf, damit sogar du das verstehst:
Schimmelfrei
Geruchslos
Sauber
Leise
Nicht am Arsch der Welt
Nicht in einer beschissenen Gegend!!!
Nicht zu teuer [Hier steht ein Betrag, den sich Larissa leisten kann]
Keine neugierigen Nachbarn
Keine Partynachbarn!
Keine Musikernachbarn!!!!"

Sie guckt ihren Ghul scharf an und verengt die Augen.
Ihrer Meinung nach sollte damit alles geklärt sein. Jetzt liegt es an ihm.

"Wenn du bei irgendwas nicht weiterkommst, nimm Sinan mit, der sollte sich hier auskennen."

Die nächsten Tage sind interessant. Fernando bringt dich morgens ins Bett, mit einem optimistischen Blick, dann macht er sich auf den Weg. Wenn du aufwachst, ist sein Gesichtsausdruck eine Mischung aus Nervosität und Selbstgeißelung. "Ich bin noch dran", sagt er.

Zwischendurch hörst du bei einem deiner Ausflüge in den Club im Treppenhaus eine Szene. Sinans Stimme und die einer älteren Frau. Du verstehst kein Wort, aber der Tonfall ist klar: Sie vorwurfsvoll, er abwehrend-genervt, sie flehend, er beschwichtigend, sie verachtend, er bittend... Als du um die Ecke des Treppenhauses kommst, siehst du eine beleibte Frau mit Kopftuch, die dir einen Blick zuwirft, der töten würde (wenn er könnte) und dann demonstrativ die Tür schließt.

Nacht Fünf und du forderst eine Bilanz ein. "Also..." druckst Fernando rum "...hab schon einige aussichtvolle Kandidaten gehabt, aber es ist echt schwer. Sinan meinte bei dem einen, dass da ein Drogenhändler im Hof wohnt und bei dem anderen ist es wohl ständig laut, hat er gesagt und naja. Und bei dem dritten kommt wohl öfter die Polizei vorbei, hätte ich gar nicht gedacht. Also es ist echt schwer. Ich such aber weiter, versprochen!"

Er fährt sich mit den Fingern durch das schön frisierte Haar, offenbar sehr nervös. Hinter ihm krabbelt eine Fliege über die gelbe Tapete, hofft offenbar schon auf einen Schluck von seinem Schweiß.

Larissa hört sich die möglichen Wohnungen und ihre Schwachstellen an und rollt mit den Augen. Kann doch nicht sein, dass diese Stadt wirklich so versifft ist. KLar, ist Pott und nicht Glam-Düsseldorf aber meine Güte!

"Liegts am Geld, Fernando? Hab ich dir zu wenig gegeben und deshalb gibts nur Bruchbuden?" Larissa tippt sich mit dem Finger gegen das Kinn. "Vielleicht muss ich das anders aufziehen und irgendeine lokale Sponsorship aufgabeln. Mehr Geld, bessere Bleibe." Sie nickt, mit sich selbst und ihrem Intellekt zufrieden.

"Gut. Nächste Woche machst du was anderes. Du gehst hin zu Stylingsalons und Schickimicki Klamotten, sagst du bist mein Manager und willst einen lokalen Laden unterstützen. Benefiz für alle, quasi. Ich bekomme Kohle für Auftritte und die bekommen Clout und treten in meinen Videos auf. Was meinst du?"

Fernando kratzt sich den Kopf. "Aber Herrin, wir haben die, äh, technischen Probleme noch nicht im Griff. Ich hab mir meine Aufnahmen angeschaut... also das Bild ist echt gruse... ungünstig. Und der Ton klingt als würde jemand mit einer Gabel über einen Teller kratzen. Vor allem, wenn..." Er schluckt. "Wenn du sprichst, eben, Darling. Sche swi desolee."

Ihre Miene verdunkelt sich.

DAS WEISS SIE DOCH ALLES SELBER!!
Aber es jetzt noc mal von Fernando zu hören - DEM TYPEN, DER NICHTMAL NE WOHNUNG BESORGEN KANN!!! - ist Larissa zu viel. Sie schnauft und schmeißt eine Lampe von der Kommode zu Boden. Sie flackert und geht dann aus. So wie Larissas Karriere anscheinend.

Wütend über die Beschissenheit der Dinge marschiert Larissa ab. Weg. Raus. Was essen. Sich abreagieren. Neue Pläne schmieden.

Fernando geht in Deckung. Darin hat er Übung.

Draußen auf der Straße hat sich nichts verändert. Der Hafen. Die heruntergekommenen Häuser. Die Haltestelle.

Nur dass diesmal kein Sinan bei dir ist. Wahrscheinlich hat seine Mutter ihn ins Zimmer gesperrt.