[April 23] Eins, Zwei, Raserei (Björn / SL)

[Der Steiger]

Du bist erst einige Meter weit gekommen, als vor dir eine weitere Gestalt sich vom Boden erhebt. Der Anblick ist um einiges vertrauter, auch wenn du gerne darauf verzichtet hättest. Menschen legen Schutzausrüstung nicht für nette Abendspaziergänge an. Und taktische Schrotflinten sollten verboten sein. Aus dem Augenwinkel siehst du eine zweite Gestalt. Sie müssen an euch herangerobbt sein im Schutz der Dunkelheit. Keine schlechte Leistung. Und zudem in gutem Winkel zueinander.

Der Mann fordert dich nicht auf, anzuhalten. Er hebt nur die Waffe und zielt auf deine Brust. Euch trennen etwa fünfzehn Meter.

[Björn Mölling]

Die immer und immer wieder trainierten Reflexe setzen ein. Schließlich hätte ich es beinah mal zum SEK geschafft, hätte nicht der verdammte Ausbilder Wind von einem Einsatz bekommen, bei dem die Dinge etwas aus dem Ruder gelaufen sind. Ich versuche innerhalb von Sekundenbruchteilen, die Situation einzuschätzen. Bis ich den Typen erreicht habe, hat er längst abgedrückt. Ich habe Leichen gesehen, die eine solche Ladung abbekommen haben. Oder besser gesagt, das, was davon übrig war. Keine gute Idee. Wenn man bedenkt, dass die Kerle sich unbemerkt genähert haben, wissen sie vermutlich, was sie tun. Ein simples Ausweichmanöver wird nicht ausreichen, um an ihn ranzukommen. Und dann ist da ja auch immer noch der Zweite.

Na großartig. Die kürzeste und unspektakulärste Flucht ever. Ich komme schlitternd zum Stehen, drehe mich so, dass ich beide Typen sehen kann. Hebe langsam die Hände und warte ab.

[Der Steiger]

Hinter dir hörst du einen Schmerzensschrei, der sich recht schnell von deinem linken zu deinem rechten Ohr bewegt. Klingt wie Leas Stimme, aber gleichzeitig animalisch brüllend. Ohrenscheinlich geht der Kampf weiter.

"Auf die Knie", sagt der erste der beiden Männer und deutet die gewünschte Bewegung mit einem Kopfnicken an, während er etwas aus dem Gürtel zieht, die Schrotflinte dabei vorsichtig balancierend. Der zweite Mann zielt weiter auf dich und kommt in das, was die Ausbilder die "optimale effektive Reichtweite" nennen.

Du hast Handschellen erwartet, vielleicht Kabelbinder. Was du siehst, ist ein etwa 50 Zentimeter langer Holzpflock mit einer sehr, sehr unschönen Spitze.

[Björn Mölling]

Fuck. No way. Dann doch lieber eine Ladung Schrot. Bevor ich mich wie ein verdammtes Opfer hier hinknie, versuche ich mein Glück. Mit einer plötzlichen Bewegung springe ich auf den Typ mit dem Holzpflock zu.

Solange er die Waffe nicht richtig in der Hand hat, kann er nicht auf mich schießen - so die Logik. Mit dem komischen Pflock komme ich im Zweifel schon zu recht, die entsprechenden Abwehrtechniken gegen Nahkampfwaffen habe ich bis zum Erbrechen geübt. Und der andere wird nicht schießen, solange ich mit seinem Buddy im Nahkampf bin - so die Hoffnung.

[Der Steiger]

Der Mann nähert sich dir vorsichtig, aber damit, dass du so plötzlich reagierst, hat er doch nicht gerechnet. Seltsamerweise, muss man sagen, denn wer würde nicht verhindern wollen, einen Holzpflock ins Herz gerammt zu kriegen? Das tötet ja schließlich nicht nur Vampire... Als der Mann den Pflock mit offenbar geübter Bewegung in deine Brustregion einschlagen will, greifst du seine Hand und wendest jahrelanges Selbstverteidigungstraining gekonnt an. Der Pflock fliegt und Sekundenbruchteile darauf hast du ihn im Schwitzkasten. Nur kannst du nicht zudrücken. Denn er trägt eine Art Halskrause aus Metall.

Der Typ hat die Schrotflinte fallen lassen und ringt mit dir, während sein Kollege (oder seine Kollegin, die andere Person ist eher klein und der Helm lässt keine Einblicke zu) mit seiner (ihrer?) Waffe auf- und abzielt, in der Hoffnung, einen freien Schusswinkel zu finden. Aber du gibst ihr keine Chance dazu.

Und jetzt?

[Björn Mölling]

Okay, kein Würgegriff also. Auch andere der üblichen Griffe sind mit verdammten Pfoten nicht möglich. Wie ich die Dinger hasse! Es gelingt mir zwar nicht, den Typ kampfunfähig zu machen, aber ich kann ihn so festhalten, dass er mir weiterhin als menschlicher Schutzschild dient. Ich suche die Umgebung ab, ob ich irgendwo noch eine bessere Gelegenheit als dieses Wäldchen finde, die mich erstmal verstecken würde - und natürlich, ob ich noch weitere Henchmen entdecken kann.

In dem Fall würde ich mich mit meinem unwilligen Helfer bis in die Deckung zurückziehen und dann den Vorsprung zur Flucht nutzen.

[Der Steiger]

Nein, du siehst keine weiteren Bewaffneten außer dem, der mit dir ringt und der anderen Person, die weiter auf dich zielt. Das aber war es auch schon mit beruhigenden Nachrichten. Außer dem Wäldchen bietet nur die Scheune Deckung. Und vor der Scheune...

Wie eine Puppenspielerin steht die Frau in Schwarz dort, bewegt ihre Arme elegant durch die Luft. Du siehst Lea auf erneut auf sie zurennen, die Haare nun wirr, die Kleidung zerissen und blutig. Aber offenbar weiterhin kampfeslustig. Doch noch bevor sie auch nur in die Nähe der anderen gerät, scheint sich die Finsternis um sie zusammenzuziehen. Etwas peitscht durch die Nacht, trifft die wildgewordene Lea und wirft sie mehrere Meter weit, bevor sie mit einem feuchten Geräusch auf dem Boden aufschlägt. Diesmal steht sie langsamer auf. Aber sie steht auf.

Vielleicht ist irgendwo ein Graben, den du nicht erkennen kannst? In der Ferne fährt ein einsames Auto über eine Landstraße.

Das ist alles, was du mitkriegst, bevor sich der Typ in deinem Arm windet und versucht, dir einen Ellbogen in den Bauch zu rammen...

[Björn Mölling]

Ich ramme ihm das Knie mit solcher Wucht in die Nieren, dass er trotz Schutzkleidung erstmal Ruhe gibt. Fuck, meine Optionen sind nicht gut. In die Nähe der kämpfenden Vampire (meine Gedanken stolpern immer noch über dieses Wort) will ich sicher nicht kommen. Also der Wald.

Ich bewege mich in die Richtung, immer darauf bedachtet, den Typ zwischen mich und die Waffe zu bringen. Dann fällt mir ein, dass Pfoten mit scharfen Krallen ja möglicherweise auch als Drohmittel ganz gut funktionieren könnten. Wenn es denn irgendeine Schwachstelle in der Rüstung gäbe, durch die ich den Wichser verletzen kann.

Während ich langsam rückwärts gehe und den zweiten Kerl nicht aus den Augen lasse, nehme ich die Ausrüstung so genau in Augenschein wie möglich.

Bietet sie mir eine Angriffsfläche für meine Krallen?

[Der Steiger]

Die Rüstung ist definitiv anders als du sie bei der Polizei erlebt hast, auch wenn die Unterschiede erst auf den zweiten Blick auffallen. Die Lederverbünde zum Beispiel - machen die ganze Sache steifer, aber schützen eben auch gegen Messer. Die Metallverstärkungen an verschiedenen Stellen, die du bei eurem Kampf fühlen kannst. Aber ja, da sind durchaus Schwachstellen. Nur sind deine Pfoten zwar honigwonneweich und kuschelpuschelputzig, nur hast du leider keine Ahnung, wie du daraus Krallen hervorschieben kannst.

Dafür spürst du, wie sich erneut etwas in deinem Mund bewegt. Etwas schiebt sich wie ein hartes, bohrendes Insekt aus deinem Zahnfleisch hervor. Deine Zunge betastet eine unschöne Spitze.

Und in dem Moment kriegst du den Helm vor die Nase geknallt. Es tut sauweh. Etwas in dir brüllt auf...

(Rasereiwurf gg. 2)

[Björn Mölling]

Da sind sie wieder, Bilder in meinem Kopf, die geradewegs aus einem Splatterfilm zu kommen scheinen. Aber dafür habe ich jetzt keine Zeit. Ich muss mich konzentrieren, um irgendeinen Ausweg aus dieser Scheißlage zu finden. Ich kämpfe den Drang, ungehemmt auf den Kerl einzuschlagen nieder. Stattdessen zerre ich ihn in Richtung Wald und hoffe, dass die andere Person nicht das Risiko eingehen wird, auf mich zu schießen.