[April 23] Eins, Zwei, Raserei (Björn / SL)

Eine Sammlung vergangener Gräuel. Kein Vergessen. Kein Vergeben.
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Der Steiger
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Re: [April 23] Eins, Zwei, Raserei (Björn / SL)

Beitrag von Der Steiger »

Während du sie anstarrst, fällt dir etwas Seltsames auf: Du hast zwar den Impuls zu blinzeln, aber jetzt, wo du deine Augen bewusst offenhältst, beginnen sie nicht zu schmerzen. Sie fühlen sich völlig normal an, ja, vielleicht sogar etwas ungetrübter als üblich. Du hältst das 20 Sekunden lang durch, 30 Sekunden... du blinzelst. Reiner Reflex. Nicht notwendig. Die einzigen, die du bisher so lange und unbekümmert hast starren sehen, waren auch sonst aller Sorgen ledig und meist eines gewaltsamen oder unschönen Todes gestorben.

"Ja", sagt dein Gegenüber und nickt ernst. "Du bist ein... Vampir. Wenngleich auch sehr viel mehr als das."

Auf deine Aufforderung hin wirft sie einen pointierten Blick auf das Kalb hinter dir, auf deine blutigen Pfoten, seufzt aber dann und hebt ihre Hand. Sie wackelt mit den langen, etwas schmutzigen Fingern und legt den Kopf schief, während sie zu grinsen beginnt. Zumindest denkst du für einen Moment, dass es ein Grinsen ist, bis sie ihren Mund leicht öffnet. Aus ihrem Oberkiefer schieben sich zwei lange, blassbleiche Fangzähne in den dunklen Raum, die selbst in der Finsternis dieser Nacht zu leuchten scheinen. Und ihre Hand... was gerade noch Fingernägel waren sind jetzt Klauen, lange Klauen, Messern gleich.
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Björn Mölling
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Re: [April 23] Eins, Zwei, Raserei (Björn / SL)

Beitrag von Björn Mölling »

Ich kann den Blick nicht abwenden von dem, was sie da tut. Ich beobachte fasziniert die messerscharfen Zähne, die gefährlichen Klauen. Auf einmal finde ich sie unwiderstehlich, eine bleiche Todesgöttin im Mondschein. Aber der Moment verfliegt. Zum Glück.

Ich fahre mit der Zunge an meinen eigenen Zähnen entlang und finde auch dort ungewohnte Spitzen. Dazu der Blutgeschmack des Kalbs auf meinen Lippen , die verdammten Pfoten, die Tatsache, dass mein Körper offenbar plötzlich nicht mehr Ansprüche stellt als eine Leiche… ich will es nicht, jede Faser meines Körpers und mein ganzer Verstand wehren sich dagegen, aber mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als zu akzeptieren, dass sie die Wahrheit sagt.

Okay. Ich habe Fragen.

„Was heißt „mehr als das“? Und was genau sind jetzt zu die Spielregeln? Kein Knoblauch, keine Weihwasser, kein Sonnenlicht, Särge und der ganze Scheiß?“
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Der Steiger
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Re: [April 23] Eins, Zwei, Raserei (Björn / SL)

Beitrag von Der Steiger »

"Das Licht der Sonne würde dich in Sekunden verbrennen", sagt sie ernst. "Der Rest - vergiss ihn. Dein Feind ist das Feuer." Sie schweigt für einen Moment. "Verstehst du, warum ich dich erwählt habe, Björn? Warum gerade du derjenige bist, den ich als Mitstreiter ausgewählt habe?" Die Klauen verschwinden wieder, ebenso wie die Zähne. Nun sieht sie erneut aus wie eine vergleichsweise normale junge Frau. "Diese Existenz ist ein Kampf und du bist gut darauf vorbereitet. Du hast die Abgründe menschlicher Natur gesehen und du hast dich bereit gemacht, ihnen zu begegnen. Ich wollte dir eine neue Perspektive ermöglichen."

Sie blickt sich um, die Felder entlang, zu einem kleinen Hain, der sich einige hundert Meter von dem Hof befindet. Ob sich darin ein Teich verbirgt? Du bist kein Limnologe, aber es ist möglich. "Du kämpfst allein, einen Kampf ohne Ziel. Ich kann dir ein Ziel geben und..." Sie blickt auf die Finger, die vor kurzem noch Klauen waren "...neue Werkzeuge."

Ein Schulterzucken. "Oder du schlägst dich allein durch. Unsere Familie - die Gangrel - sind dafür bekannt, zäh zu sein."
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Björn Mölling
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Re: [April 23] Eins, Zwei, Raserei (Björn / SL)

Beitrag von Björn Mölling »

Gan… was? Ich ahne, dass es wichtig sein könnte, mir bestmöglich einzuprägen, was sie sagt. Ich wiederhole den fremdartigen und mir völlig unbekannten Namen mehrfach in meinem Kopf, um ihn nicht zu vergessen. Nicht Gandalf, Gangrel. Alles klar. Aber wenn es eine Familie gibt, dann muss es noch weitere geben, ich mache mir eine geistige Notiz, mehr darüber herauszufinden.

Das erscheint mir allerdings nicht das wichtigste an dem, was sie gesagt hat. Was soll der Scheiß mit dem Auserwählen und mit dem Ziel, was sie mir geben will? Ich werde mich ganz bestimmt nicht von ihr zu einem Werkzeug machen lassen, meine Ziele wähle ich immer noch selbst aus, keine Werwolf-Vampir-Aktivistin. Dass sie eine Agenda hat, ist nicht zu übersehen. Und so langsam macht es mich wütend, dass sie hier einen auf rätselhaft und mysteriös macht und vermutlich erwartet, dass ich beeindruckt ihren weisen Worten lausche. Aber nicht mit mir - Schätzchen.

„Pass auf, ich sag dir, was jetzt passiert“, knurre ich. Du wirst mir jetzt verraten, was es mit diesen …“ ich wedele vielsagend mit meinen Pfoten „Dingern hier auf sich hat und vor allem, wie ich die wieder los werde. Dann legst du diese Fernbedienung weg und wir reden entweder wie gleichberechtigte Men… äh …“ ich gerate kurz aus dem Konzept. Nicht gut für die überzeugende Ansprache. „Also, wir reden auf Augenhöhe miteinander, oder gar nicht. Verstanden?“
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Der Steiger
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Re: [April 23] Eins, Zwei, Raserei (Björn / SL)

Beitrag von Der Steiger »

"Oh, das geht vorbei", sagt sie leichthin, deine Macho-Pose ignorierend. Oder meinte sie auch die? "Das ist nur dein inneres Tier, das sich Bahn gebrochen hat. Ein ganz natürlicher Prozess." Sie bemerkt, wie du sie anstarrst. "Wir... Kinder Kains, um diesen patriarchalen Begriff zu nutzen, wir alle sind näher an unserer tierischen Natur als die Sterblichen. Näher an Mutter Erde. Unsere Impulse lassen sich nicht verneinen. Du hattest Durst, also hast du dich an dem Kalb genährt. Mit der Zeit wirst du lernen, damit umzugehen. Wir vom Clan der Wanderer sind von allen, mh, Vampiren unserem Tier am nächsten."

Sie zeigt auf die Pfoten mit der Fernbedienung. "Fühlt sich gut an, nicht wahr? Aber du solltest vergessen, was du über Alpha-Wölfe gelernt hast. In der Natur verhalten sich die Tiere unglaublich kooperativ. Nur das Rudel überlebt." Ihre Augen finden die deinen und du spürst, wie sich deine Nackenhaare aufstellen. Etwas in dir sieht eine Drohung in ihren Worten, ihrer Körpersprache. "Merk dir das, mein Kind."
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Björn Mölling
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Re: [April 23] Eins, Zwei, Raserei (Björn / SL)

Beitrag von Björn Mölling »

Kind??? Mein inneres Tier?? Näher an Mutter Erde? Ich weiß nicht, was mich gerade am meisten aufregt. Ihre herablassende Art, die unterschwellige Drohung, die von ihr ausgeht oder diese Esoterik-Kacke. Eigentlich alles. Ich spüre, wie die Wut in mir hochkommt, wie ich mich auf sie stürzen und ihr klar machen will, dass ich mir solche Sachen ganz bestimmt nicht gefallen lassen werde. Aber zwei Dinge halten mich so gerade noch davon ab. Erstens: Man(n) schlägt keine Frauen. Zweitens: Die Aussicht, dafür potenziell in meine Einzelteile zerlegt zu werden. Im wörtlichsten Sinne.

Es ist nicht das erste Mal, dass mich die Wut packt und tatsächlich ist es auch nicht das erste Mal, dass ich ihr nicht blind nachgebe. Sonst hätte ich vermutlich schon längst in unseren Gewahrsamszellen eine ganz neue Perspektive erlebt. Ich halte mich an die Technik, die ich mir dazu angeeignet habe: Anstatt wirklich auf die Schlampe loszugehen, stelle ich mir bildlich vor, wie sich meine Krallen in ihr Fleisch bohren, wie ihre Knochen unter der Wucht der Schläge brechen. Es ist beinah erschreckend, welche Intensität diese Vorstellung dieses Mal annimmt, wie brutal ich in meiner Vorstellung vorgehe. Beinah. Es fühlt sich an, als ob jemand anders in mir, diese Fantasie lenkt, als ob dieses … Etwas … mich dazu bringen will, diese kranken Ideen in die Tat umzugehen, als ob es mir ins Ohr flüstert „Tu es, sie hat es nicht anders verdient.“ Aber ich kämpfe es nieder, zwinge das Etwas in meinem Kopf, seine verdammte Fresse zu halten. Glück für dich, Schätzchen.

„Und dieses … Rudel finde ich wo? Wohl kaum in der Bittermark, oder?“ Es gelingt mir nicht ganz, zu verhindern, dass sie die unterdrückte Wut in meiner Stimme hören kann.

(Rasereiwurf: 2 Erfolge gg. SW 2)
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Der Steiger
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Re: [April 23] Eins, Zwei, Raserei (Björn / SL)

Beitrag von Der Steiger »

"Im Moment bin ich dein Rudel. Aber wir werden mehr werden. Wir haben hier eine exzellente Gelegenheit, hier in Dortmund! Von hier können wir unseren gerechten Kampf gegen die Kräfte in den Schatten vorbereiten, stark werden." Sie lacht, bitter. "Du kannst dir nicht vorstellen, wie frustrierend es ist, unter der Kontrolle alter weißer Monster leben zu müssen." Die seltsame Frau lehnt sich zurück, wirkt entspannt. "Hier sind wir frei von ihren Regeln."

"Nicht ganz." Eure Köpfe drehen sich ruckartig zur Seite. Dort steht jemand. Für einen Moment denkst du, dass es nur eine seltsame optische Täuschung ist. Aber nein. Es ist die Silhouette einer Frau. Beinahe unsichtbar vor dem nachtschwarzen Feld im Hintergrund. Irgendetwas daran ist... so dermaßen falsch. Es ist, als ob die Dunkelheit selbst eine Gestalt angenommen hätte. Das Ding in deiner Brust jault auf, will den Schwanz einziehen. Und du kannst es ihm nicht mal verdenken. Dir wird kalt, innerlich kalt. Es ist, als ob du in einen Abgrund blickst.

Deine unfreiwillige Begleitung starrt ebenfalls für eine Sekunde, dann springt sie auf. "Nein... NEIN!"
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Björn Mölling
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Re: [April 23] Eins, Zwei, Raserei (Björn /

Beitrag von Björn Mölling »

Ich springe ebenfalls auf, hin- und hergerissen zwischen dem Impuls, zu fliehen. Weg, nur weg von dieser Gestalt. Und von dem Grauen, dass ich spüre, der Kälte, der Angst, die mich dazu bringen will, mich möglichst unsichtbar zu machen. Leider ist das vermutlich keine Fähigkeit, die zusammen mit Pfoten und Reißzähnen gekommen ist.

Nach dem ersten Schock setzt die Berechnung wieder ein. Ich könnte die Gelegenheit nutzen, tatsächlich nen Abgang zu machen. Im Moment scheint die Verrückte anderes im Sinn zu haben, als auf ihrer Fernbedienung herumzudrücken. Andererseits ist das vermutlich eine Gelegenheit, mehr darüber zu erfahren, was hier gespielt wird.

Nach kurzem Zögern entscheide ich mich, das Risiko der Flucht jetzt noch nicht einzugehen, wer weiß, wie schnell sich die Eso-Schlampe wieder berappelt und wie weit ihre Fernbedienung reicht. Ich warte ab und hoffe, dass mich das nicht vom Regen in die Traufe bringt.

Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich meine Zähne blecke wie ein Hund - nein, wenn schon, dann bitte ein Wolf - in Abwehrhaltung.
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Der Steiger
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Re: [April 23] Eins, Zwei, Raserei (Björn / SL)

Beitrag von Der Steiger »

Die Frau mit der Fernbedienung schaut dich entgeistert an. "Lauf, du Idiot! Versteck dich!" Dann siehst du, wie an ihren Händen erneut diese seltsamen Klauen wachsen. Ihre Zähne werden länger.

"Lea..." sagt der Schatten. "Lass es bleiben."

Sie hört nicht. Mit einem Fauchen, das mehr wie eine Katze klingt, rennt sie auf die Finsternis zu. Diese bewegt ihre Beine nur ein wenig, aber dein trainiertes Auge sieht, dass sie einen stabilen und flexiblen Stand eingenommen hat. Bereit, den Angriff anzunehmen, abzuwehren oder zu erwidern. Dabei scheint der Schatten von ihr herunterzugleiten. Du siehst bleiche Haut. Schwarze Haare. Schwarze Kleidung. War der Anblick eben doch nur Einbildung?

Bild

Es ist trotz allem ein faszinierendes Schauspiel, wie wilde Urwut auf dunkle Ruhe zurast.

Und dann fällt dir auf, dass deine Entführerin - Lea - die Fernbedienung nicht in ihren Klauen hält. Vielleicht hat sie sie fallengelassen? Du kannst sie in der Dunkelheit nicht sehen.
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Björn Mölling
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Re: [April 23] Eins, Zwei, Raserei (Björn / SL)

Beitrag von Björn Mölling »

Einen Moment lang sehe ich der Szene noch zu, die direkt aus einem Horrorfilm zu kommen scheint. Dann setzt der Überlebensinstinkt ein. Wenn diese Lea meint, sich mit der Vampir-Endgegnerin anlegen zu müssen, dann soll das nicht meine Sorge sein. Was immer einem der beiden Kontrahenten in diesem Kampf zustößt, ist nicht unverdient und ich werde den Teufel tun, mich da einzumischen. Ich beschließe, es darauf ankommen zu lassen.

Ich kehre der Szene den Rücken und renne auf das kleine Wäldchen zu, dass in der Nähe liegt. Wenn mich nicht alles täuscht, ist es von dort nicht mehr weit bis nach Dortmund-Hombruch. Ich kann mir nicht vorstellen - oder besser gesagt, ich hoffe nicht - dass sie mir bis in die Straßen folgen werden.
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