Tremonia Noctu

Der Angriff in Björns Rücken bleibt aus. Ich hege keinen Groll gegen ihn - und hätte die Geißel ihm etwas tun wollen, dann wäre er nicht aus dem Fahrzeug gekommen.

Lea jedoch... meine Augen fixieren Sie voller Abscheu. Besonders als sie mich anlächelt. "Ganz großartig... ... wirklich..." Meine Stimme platzt vor Zynismus, während meine Muskeln vor Anspannung zittern. Einzig die Tatsache, dass ich eigentlich ein Netter bin und niemals selber angreife, verhindert, dass ich auf Lea losgehe. Die Frage ist, wie lange ich dieses Biest in mir zurück halten kann.

Großartig? Nicht das Wort, das ich hier gewählt hätte. Ich bin immer noch ratlos, was ich von allem halten soll. Und was stimmt nicht mit Lea? Was zum Henker findet sie in dieser Situation bitte so komisch? Pezzi sieht aus, als wolle er ihr gleich an die Kehle springen und ich kann ihn sehr, sehr gut verstehen. Vielleicht wird mir der Kerl ja doch noch sympathisch. Aber ich bleibe misstrauisch, „Niemand steht auf deiner Seite…“ der Satz hallt in meinem Kopf nach und macht mich vorsichtig.

Ich warte eine Pause in Leas Lachanfall ab, bevor ich frage: „Okay. Was ist großartig, Schätzchen?“

"Wir sind frei!" Sie schüttelt den Kopf, noch immer breit grinsend. "Ich hab gedacht wir sind tot! Stattdessen sind wir genau da, wo wir sein sollten!"

Sie schaut die beiden an, nimmt die wenig zufriedenen Gesichter zur Kenntnis und schüttelt den Kopf. "Ich denke, es hilft wenig, wenn ich dir erzähle, dass du mir noch dankbar sein wirst, oder?" Das an Björn - Pezzi erhält wieder einen dieser mitleidigen Blicke und wird nicht weiter beachtet. Stattdessen tritt sie ein wenig mit den Beinen auseinander und knackt mit den Schultern. "Ich kann diesen patriarchalen Macho-Mist zwar nicht leiden, aber wenn es sein muss... versuch nur nicht wieder zu rasen, Kind."

Ich schaue sie an. Blinzle kurz. Was soll das werden, Vampire Street Fighting? Ich schaue Pezzi an. Verwirrt. „Hast du eine Ahnung, wovon sie redet?“

"Nein... und dann auch wieder ja. Zumindest ne Idee. Sie und ich... ... wir wären beide getötet worden, weil sie mich vor einigen Wochen in Hagen erschaffen hat. Gibt Gesetze in... ... unserem neuen Leben. Und eines davon ist, dass man das nicht ohne Erlaubnis tun darf. Die Strafe beim Bruch dieser Gesetze ist im Regelfall... der Tod. Und so wie ich das verstanden habe, ist Dortmund für uns eine Todesfalle... weshalb unser Hiersein... dem Tod gleich kommt. Warum Sie sich so freut? Keine Ahnung. Aber, was will man auch von jemanden erwarten, der in 2 Wochen 2 Menschen in Monster verwandelt?"

Lea wirkt von Anfang an irre auf mich. Meine Muskeln spannen sich nochmal an und dann... lächel ich. Ich wende mich von ihr ab und schaue gen Himmel. Anschließend gehört mein Blick gilt einzig und alleine Björn.

"Wir sind wahrscheinlich irgendwo zwischen Hagen und Dortmund. Da ist Norden. Wenn wir uns beeilen sind wir vor Sonnenaufgang in der Stadt und können irgendwo unterkommen. Unterwegs erzähl ich dir das Wichtigste."

Damit macht sich Pezzi auch schon auf den Weg und lässt Lea einfach stehen in ihrer Kampfhaltung. Zu Björn dreht er jedoch nochmal um, um zu sehen, ob der mit kommt.

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Überleben
5 Erfolge
messy critical

So. Was ein Abgang. Ich habe also die Wahl zwischen Lea, die wirklich nicht so wirkt, als wäre das, was sie tut rational. Und Pezzi, der jetzt erstmal vernünftiger wirkt als sie, aber offenbar auch erst seit zwei Wochen Teil dieser seltsamen Geschichte ist. Wieviel kann er überhaupt schon wissen und wie zuverlässig ist er als Quelle? Mit wem außer Lea hat er gesprochen? Was ist seine Agenda? Viel zu viele Fragen, viel zu wenig Antworten.

Aber immerhin verspricht mir Pezzi zumindest Informationen. Das ist besser, als jetzt hier mit Lea in den Ring zu steigen. Warum auch immer sie das vorhat. Ich wende mich ebenfalls von ihr ab und folge Pezzi. Fragen stellen werde ich aber erst, wenn wir außer Hörweite von Lea sind … wenn sie uns denn so einfach alleine gehen lässt.

Lea verschränkt die Arme. "Mach was du willst, Pezzi." Es klingt nicht so, als würde sie ihm hinterhertrauern. "Aber du, Kind, solltest bei mir bleiben." Das an Björn gerichtet. "Wir haben einiges vor uns - und Pezzi kann dich nichts lehren, was von Nutzen wäre. Frag ihn doch einmal, warum du Pfoten hattest, frag ihn über deine Familie aus. Ich bezweifle dass Miriam ihm mehr als einen Bruchteil von Wissen vermittelt hat, gerade genug, um ihr einen oder zwei Berichte zu senden, bevor er sein unvermeidliches Ende findet."

Musste sie unbedingt wieder die verdammten Pfoten erwähnen? Ich zögere noch ein winzigen Moment, drehe mich noch einmal kurz zu ihr um, versuche, ihren Gesichtsausdruck zu deuten. Die Kalkulation in meinem Hirn läuft rasend schnell ab, schon oft hatte ich nur Sekundenbruchteile, um mich für eine Strategie zu entscheiden.

Offenbar legt Lea einen gewissen Wert auf meine Gesellschaft. Ist er groß genug, dass sie innerhalb der Zeit, die uns zur Verfügung steht, noch einmal auf mich zukommen wird, wenn ich jetzt gehe? Pezzi wird das mit Sicherheit nicht tun. Um an seine Informationen zu kommen, bleibt mir nur diese eine Gelegenheit. Befrage immer den zuerst, den du vielleicht nie wiedersiehst. Einfache Regel.

Lea wird ihre Gründe gehabt haben, uns zu … Vampiren zu machen. In ihrer Welt ergeben sie sicher auch Sinn. Bestimmt ist es schön in ihrem Kopf. Und wenn darauf wirklich die Todesstrafe (Todes-Todesstrafe? Das ganze Konzept des Untot-Seins macht mir Kopfschmerzen) steht, dann müssen es gute Gründe gewesen sein. Ich hoffe jetzt einfach darauf, dass sie mich in einer der nächsten Nächte noch einmal aufsuchen wird und ich dann an ihre Informationen gelangen kann.

Ich wende mich endgültig ab und schließe zu Pezzi auf. Ich fühle mich unsäglich albern dabei, die nächste Frage zu stellen. Aber es hilft ja nichts. Und angeblich gibt es ja keine dummen Fragen. „Okay. Was brauchen wir für die Na… äh. Den Tag? Doch nicht wirklich Särge, oder?“

Meine Braue hebt sich zuckend beim Erwähnen der Pfote. Offensichtlich hat die Gute mit ihrer Aussage recht, dass ich keine Ahnung habe, was sie Björn an Infos mitteilen will.

Was Lea angeht: Ich habe da ja meine Erfahrungen und würde eher darauf wetten, dass Lea uns in zwei Wochen mit dem nächsten Kind über den Weg läuft. Sie scheint genau der Typ dafür zu sein - naja... flachlegen lassen muss sie sich dafür zumindest nicht.

"Ich hab die letzten Wochen in einem Bett geschlafen. Ohne Fenster, aber nicht in einem Sarg."

Ich bin jetzt aber auch nicht der Typ, dem man das nicht zutrauen würde. Ein Lächeln zeigt sich auf meinen Lippen - etwas unmenschlich. Ich drehe mich nochmal rum und fixiere Lea mit den Augen. Das Lächeln wird breiter. Gehässiger. Björn geht mit mir, weil er, genau wie ich weiß, dass unsere Erzeugerin nicht die richtige Wahl ist.

"Die Welt ist elend ungerecht, nicht wahr?" Ich greife ihre Worte von unserem ersten Gespräch auf - als sie mir sagte, warum sie mich ausgewählt hatte. "Aber im Gegensatz zu dir, Lea... tue ich was dagegen. Hat sie dir auch... Bewunderung... vorgeheuchelt, nachdem sie dich in die Dunkelheit gerissen hat? Am Ende wird sie Alleine dastehen."

Mein Lächeln wird zu einem Ausdruck meines Biestes - zu einem Mittelfinger der Mimik. Fuck you, Lea!

Lea knackt mit den Schultern. "Ich habe versucht, rücksichtsvoll zu sein, aufgrund deiner... Beeinträchtigung, Pezzi." Sie kommt auf ihn zu, langsam, aber durchaus stetig. Die Hände hängen locker an den Seiten. Etwas ist seltsam daran, beunruhigend. Die Finger scheinen länger zu werden und spitzer. "Aber ich sehe, du willst nicht verstehen. Ich fürchte, ich tue dir einen Gefallen, wenn ich das hier und jetzt beende..."

Nun wird sie schneller.